“…die Beobachter zu Performern machen…”

Interview mit Prof. Matthias Warstat


Der Lukas:
Dem Guckkasten wird ein hohes Maß an Selbstinszenierung zugesprochen. Die Frage an Sie wäre, ob so etwas für ein solches Konzept notwendig ist, oder ob das auch ohne zu denken wäre.

Matthias Warstat:
Also ich glaube es hängt viel damit zusammen wie Sie sich dann positionieren zum Festival, das ja ein Performance-Festival ist, wo man sagen kann, diese Art der Selbstreflexion des Festivals ist auch schon wieder als Performance gedacht, kommt auch so daher, und hat dann natürlich einen sehr sehr starken Inszenierungsaspekt. Was ich schön finde an der Idee ist, dass es ja wieder eine Art selbstflektierendes Festival sein sollte, das finde ich eh schon mal gut wenn Festivals das leisten. Und dieses Format wäre schon eine ständige kritische Reflexion des Festivals auch noch mal auf andere Art, sie zu inszenieren, aufzuführen, eine Aufführung von Kritik. Also so könnte ich mir das zumindest vorstellen. Von Leuten ja auch, die selbst immer schon sehr aktiv waren im Festival, und jetzt quasi eine Beobachterposition beziehen… Also ich habe das weniger als eine Form der Selbstinszenierung wahrgenommen, sondern eher als eine Betrachter-, oder Kommentarfunktion, die man auf diese Weise exponieren könnte.

Der Lukas:
Wenn man nun eine Rauminstallation hat, die im Festivalzentrum platziert ist, ist das klar dass das gleich einen theatralen Rahmen hat. Das würde man bei einer Webseite ja erst mal überhaupt nicht sagen. Das ist ein Medium, bei dem dieser Begriff eigentlich nicht verwendet wird. Ist das für Sie qualitativ etwas völlig anderes, oder denken Sie das lässt sich zusammenführen?

Matthias Warstat:
Das hängt bestimmt viel davon ab wie Sie den Raum inszenieren, der Raum kann als Einladung fungieren sich da selbst einzubringen, sich da hinein zu begeben; die Dinge wahrzunehmen aber auch sich selbst zu äußern. Das funktioniert sicherlich mit einer lokalen Installation besser wenn man Leuten einfach ein Terminal hinstellt und sie auffordert sich auf einer Homepage zu verewigen.
Also, das leuchtet mir doch sehr ein, dass man dafür einen installativen Rahmen benötigt. Wobei ich selbst sicherlich eher neugierig wäre, wie Sie selbst sich da in diesem Raum verhalten und was Sie da so treiben werden *lacht*, als dass ich da ein starkes Bedürfnis hätte mich selbst auszutoben…
Also dieser Ort dann, im Festivalzentrum noch mal ein eigenes Zentrum zu bilden – das Herz vom Herzstück, und zwar auch noch mal ein kritisches Herz des Ganzen zu sein – das finde ich eigentlich eine sehr schöne Idee.

Der Lukas:
Normalerweise waren in der Arena-Geschichte Künstlerseite und Presseseite ganz klar getrennt. Der Guckkasten wäre ja jetzt der Versuch zu sagen, es ist weder das eine noch das andere. Es hat Beobachterfunktion, aber auch Aufführungscharakter. Das wäre für uns auch die Frage natürlich, ob so etwas funktionieren kann. Ist Ihnen da ähnliches von anderen Festivals oder Städten bekannt?

Matthias Warstat:
Das gibt es natürlich schon, dass man Video-Blogger verstärkt auf Festivals loslässt und beobachten lässt, das macht ja auch das Theatertreffen zum Beispiel… Vielleicht führt dies wirklich zu dem, was Sie gerade angedeutet haben, dass damit die Position des Performers und die Position des Beobachters einander sich annähern, indem man der Beobachtung selbst eine künstlerische Form gibt, zumindest ansatzweise – und hier eben auch noch mal eine Aufführungsform. Das ist schon ein interessanter Gedanke und verändert vielleicht auch noch mal die Gesamtidee des Festivals. Dass das Festival eben nicht zerfällt in diejenigen die etwas vorführen, und diejenigen die das dann beobachten oder kommentieren. Indem man die Beobachter selbst eben zu Performern macht nähert sich das dem Modell des Festes an, wo wir ja auch keine klare Trennung haben zwischen Beobachtern und Akteuren. Das ist etwas, das dem Festivalgedanken sehr gemäß ist. Gute Idee, finde ich. Schauen wir mal, wie das dann wird.

Der Lukas:
Ja, vielen Dank!
Wir freuen uns auf Ihren Besuch im Kasten!

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