Lagerfeuer-Geschichte. Eine Beweihräucherung.

Eigentlich muss man sich noch mal Memento anschauen, um Arena zu verstehen.
Alle zwei, drei Jahre wird die Festplatte formatiert und ein komplett neues Team löst alle Probleme wieder zum ersten Mal.
Aber eigentlich stimmt das natürlich nicht. Da es immer andere ‘Big Guns’ im Team gibt, die schon so lange bei Arena dabei sind, dass sie zum Gesicht des Festivals geworden sind, werden die Gedächtnisränder unscharf und verschwommen. Arne ist so ein synekdotischer Mensch mittlerweile, und Anne natürlich… (Streng genommen handelt es sich um Metonymien: Die Relation zu Arena ist keine vom Allgemeinen zum Speziellen, sondern eher kausale Kontiguität, wie von Alexander zu seinem unterworfenen Persien. Oder so. Ich finde aber, dass Lucekas immer so verschlagen drein schaut, wie ich mir das eher bei einer Synekdoche vorstelle.)

Die Big Guns akkumulieren sich entweder irgendwann in ihrer jeweiligen Bastion und fusionieren ontologisch mit der Öff- oder K.L.-Substanz, oder aber sie lassen sich über die Jahre hinweg durch all die kleinen Bastard-Bereiche wehen, die früher nicht mal einen Vorstand hatten – allenfalls kulminiert die Arena-Existenz dann in einer Kopro, da macht man auch sein eigenes Ding. Wolfgang und Romy waren eindeutig Bastionsritter/Ritternde, Uli Blanché und ich selbst ganz klare Wüstenwanderer, damals. Lucekas verteidigt dieses Amt natürlich heute. Und so komisch es ist, sich das vorzustellen, dass Vera irgendwann zum ersten Mal in einer Sitzung stand und sich ‘das mal so anschauen wollte’, der Umkehrschluss ist viel charmanter: Man fragt sich natürlich schon, ob man nur sehr gut hinschauen muss, dann sieht man es, dann findet man es irgendwie heraus: Wer in ein paar Jahren Arena sein wird. Nicht erst “seit ein, zwei Jahren dabei”, sondern seit Anbeginn aller Zeiten Arena sein wird, für so viele neue Gesichter, die sich ‘das mal anschauen’ wollen.
Big Guns, waiting to happen, waiting to be fired.

Ganz sicher wisst ihr das selbst am Wenigsten; denn jetzt, kurz vor dem Festival, da will man meistens auch mal irgendwann sein Leben zurück, oder mal wieder studieren vielleicht. Oder einen Film anschauen, auch schön! Das kommt dann in ein paar Wochen: Dass das Leben hier stattgefunden hat, und die Filme und Drehbücher auch, und gelernt hat man in der Uni eh noch nie wirklich viel – zumindest nicht so exponentiell.
Das jetzt wäre tatsächlich eine Insider-Info, zumindest von meiner Seite: Diese Zeit nach dem Festival bis zum Oktober, wenn ihr eine kleine Task Force seit, und euer Wort wird Geschichte, weil alle Entscheidungen danach einfach Arena sein werden, für zwanzig andere Glücksritter. Das Motto, die großen Ziele, eine Farbgebung; was man alles besser machen will. All das, worum es geht, das schmiedet ihr dann im Sommer, als die eine Handvoll von Rockstars, als die man sich dann fühlt. “Nennen wir das doch ‘Zukunft auf’s Brot!'” Darf man so was machen?! Lass es uns einfach tun. Dieses Feeling auf einer Zombie-Hütte im Wald, oder wo auch immer man da ist, das hatte bei mir immer den Soundtrack von Terminator 2, dieses da-da-dumm-du-dumm, da-da-dumm-du-dumm *Syntheziser setzt ein*! Offene Autobahn bei Nacht, und irgendeine Geschichte fängt jetzt an, die noch geschrieben werden muss.

Aber worum es mir eigentlich geht, das ist diese seltsame und ganz besondere Art von Geschichtsschreibung, in die sich solche Klausurwochenenden, solche Sitzungen, und solche Marits und Steffis irgendwann transformieren. So merkwürdig es ist, dass der Name Börni irgendwann noch überhaupt nicht im Extended Memory von Arena verzeichnet war, dass das wirklich nur eine Bier-Idee von Götz bei der Audimax-Besetzung war, Börni zu fragen, noch seltsamer ist es natürlich für mich, dass ihr Menschen noch nie von Melli gehört haben wollt, oder von Flo Götz, Sarah Schulze-Darup oder Lola. Aber ich habe meine eigenen Lolas, die heißen dann eben Stefan Goldbach und Katrin Horn, und dann verliert sich das in den Nebeln der Lagerfeuergeschichten, wie man das von den oralen Kulturen bei den Assmanns gelernt hat. Das ist irgendwie so meine Pointe, glaube ich: Jetzt haben wir zwar diese tollen Medien, um über Facebook die Partys zu organisieren (Fun Fact: Es soll Arena VOR der Einführung des Handys gegeben haben: WTF?!? Wie???). Aber es gibt kein medial externalisiertes Arena-Gedächtnis über ein Jahr hinaus, nicht mal im Ansatz. Und wenn man mal über die jeweilige ‘Idylle am Abgrund’, die ‘Freiräume’ und ‘Sinnfluten’, in denen man da war, hinausschauen will, dann landet man bei dem, was Eco eine “oneroide Sphäre” nannte: So ein traumlogik-artiger Nebel aus Anekdotik. Er hat das auf alte Superman-Comics aus den 60ern bezogen, weil da auch so ein wabberiges Halb-Bewusstsein über ‘angebliche’ oder ‘mögliche’ Hefte vorher vorhanden war. Keine klare Continuity, aber auch nicht Beliebigkeit, denn es hat ja doch jeder irgendwas gehört. Und angeblich war auch Chris Cronauer mal bei Arena. Und da der eh immer überall dabei ist, macht das ja auch durchaus Sinn. Aber das ist eben Höhrensagen.

Genauso wie die Frage, ob es früher mal möglich war, Arena-Partys in Erlangen zu feiern ohne Polizei-Einsätze, ob es schon mal Stücke in einer gewissen ‘Scheinwerferhalle’ gab, ob Suka Off womöglich schon relativ kontrovers mit Arena-Episodik verknüpft ist (we’ll get to that!). Das sind keine referenzialisierbaren Fragen, die man geschichtswissenschaftlich behandeln kann, wie etwa: ‘Wann hat Bismarck gelebt?’ Das sind ‘oneroide’ Fragen, die eher mit der Erzähllogik der Mythologie weitergegeben und transformiert werden. Gleich fahre ich nach Bamberg zu den Bayerischen Theatertagen, und die Dramaturgin Katja Hofmann erwähnt in einem Nebensatz, ja ‘auch mal Arena gemacht’ zu haben. Klar, warum auch nicht? Was ich nicht erfahren werde: war sie einer von denen, die mal ein Jahr in die Bresche gesprungen sind, für ein Jahr mit dem gleichen Feuer gebrannt haben, für diese eine Woche? Oder war sie eine Big Gun, hatte sie eine Bastion? War sie von meinem Schlag, so ein Wüstenwanderer zwischen Layout, Party und Kopro? Da könnte ich genausogut Superman danach fragen, oder Homer…

Ich bin nicht mehr Arena.
Ich war mit sehr viel Feude, Interesse und Trunkenheit auf diesem letzten Klausurwochenende mit dabei, um “zu recherchieren”. Nunja.
Man stellt fest, es geht alles weiter. Ich muss gar kein verbitterter Alt-Arena sein, der auf Vollversammlungen gegen Vorstands-Reformen stimmt und an das nahende Ende glaubt. Eigentlich läuft das alles ziemlich gut, und der Maßstab des Erfolgs ist ja eh nur die Überwindung unserer alten, komischen Maßstäbe. Okay.
Aber so sehr ihr jetzt zu Arena geworden seid, und uns hier diese nächste Woche bieten werdet, so sehr geht das doch an einem anderen Punkt vorbei: Neben dem Festival Arena gibt noch eine narratives Bewusstsein, eine gemeinsame Story, und die heißt genauso.

Und plötzlich bin ich halt immer noch Arena.
Und diese Leute bei Spots sind Arena. Und Zoom. Und die neuen Helfer, die wir noch gar nicht kennen; Künstler, die vielleicht in einem Jahr als Jury wiederkommen. Und meine Mutter, die sich jetzt zum dritten (vierten?) Mal in Folge die ganze Woche hier geben wird.
Doro ist definitiv noch Arena,
und Sünnje, du bist auch noch Arena.

Weil das ganze eine Lagerfeuergeschichte ist.
Und ich sehe gar nicht ein, das Erzählen zu lassen.
Noch längst nicht.

Beweihräucherung Ende, Zynismus wieder an.
Pah!

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